Kreuzbandriss – ständige Herausforderung – neue Fragen – neue Erkenntnisse

Kreuzbandriss – ständige Herausforderung – neue Fragen – neue Erkenntnisse

Die Behandlung eines vorderen Kreuzbandrisses beim Hund, viel seltener auch der Katze, ist eine der häufigsten chirurgischen Problemstellungen in unserer Praxis. Zurzeit behandeln wir ca. 70 Fälle im Jahr – und das immer individueller und unterschiedlicher.

Vorweg ein Wort zur Diagnostik: der sicherste Weg zur Diagnose ist immer noch der sogenannte Schubladentest: das Bewegen des Unterschenkels gegen den Oberschenkel ist nur bei gerissenem Kreuzband möglich. Evtl. muss der Hund dafür sediert werden, da der Test bei einem stark entzündeten Gelenk durchaus Schmerzen verursachen kann, andererseits größere Hunde mit Ihrer Muskelmasse schwer zu untersuchen sind. Alle anderen Tests (Tibia-Kompressionstest, Sitz-Test und andere) und die Röntgenaufnahmen dienen nur der zusätzlichen Information über Schmerzen, Grad der Arthrose etc.

Beim kleinen Hund und der Katze  gibt es immer mal wieder einen Fall, bei dem das Tier trotz eindeutig nachgewiesenem Riss des Kreuzbandes  die verletzte Gliedmaße gut belastet und kaum lahmt. Diese – eher seltenen – Fälle werden mit sogenannten nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAID) gut und sicher behandelt: Entzündungshemmung und Schmerztherapie führen zur zunehmenden „Selbstheilung“ des Patienten: das Kniegelenk verengt sich und das gerissene Kreuzband wird nicht benötigt. Ergänzend werden GLykosaminoglykan-Präperate gefüttert (neuseeländische Muschelpräperate) und der Hund einem Leinenzwang unterworfen.

Bei anderen kleinen und mittleren Hunderassen funktioniert diese Therapie überhaupt nicht: sie lahmen nach einem Kreuzbandriss sehr und selbst eine kurzfristige Besserung unter NSAID-Tabletten führt letztendlich wieder zu einer hochgradigen Lahmheit. Hier ist der chirurgische Eingriff  absolut notwendig. Da es wegen fehlenden Nahtmaterials den Kreuzband-Ersatz weder beim Menschen noch bei unseren Haustieren gibt, wurden viele verschiedene Methoden der OP entwickelt: bis zu 300 Variationen sind bekannt.

Wir nutzen seit vielen Jahren für kleinere und ältere Hunde (und Katzen) die intrakapsuläre Raffung nach Meutstege. Bei dieser Gelenkoperation wird über die Raffung der Gelenkkapsel an das große Kniescheibenband eine Straffung des Gelenks erreicht. Der Eingriff ist für geübte Chirurgen schonend und ohne Knochenschnitte ausführbar.  Nach einer Heilungs- und Narbenbildungszeit von 12 bis 16 Wochen übernimmt das Narbengewebe die Stabilisierung des Gelenks.

Leider nehmen die Kreuzbandrisse auch bei jüngeren, sehr beweglichen und schwereren Hunden tendenziell zu. Wir nutzen seit 2014 für diese Patienten die TTA rapid (Tibial Tuberosity Advancement). Bei dieser Methode werden die Gelenkfläche und der Kniegelenkwinkel über die Implantation eines Keiles am vorderen Schienbein verändert. Sofort nach der OP ist eine deutliche Verbesserung der Belastung der erkrankten Gliedmaße fest zu stellen. Die OP erfordert hohe Ansprüche an Ausstattung und Sterilität des Chirurgen, ist aber deutlich weniger mit unerwünschten Nebenwirkungen (Infektion des Gelenks, Lockerung der Implantate) verbunden als die TPLO. Inzwischen stellt die TTA rapid in unserer Praxis die Methode der Wahl bei Hunden zwischen 15 und 50 kg Gewicht dar.

Für noch größere Hunde (Doggen, Irish Wolf Hound, Molosser), aber auch für ältere und ruhigere Hunde zwischen 15 und 50 kg, bei denen sich eine Knochenchirurgie verbietet, nutzen wir seit einigen Jahren eine Kombination aus Kapselraffung nach Meutstege (siehe oben) und der zusätzlichen Stabilisierung über den tightrope (Fa. Arthrex). Mit dieser kombinierten Fixierung des Knies über intrakapsuläre und extrakapsuläre Straffung (Spezialseil)  lassen sich auch bei schwereren Hunden sehr gute Ergebnisse erzielen. Eine Heilungszeit unter deutlich eingeschränkter Bewegung über 3 bis 4 Monate ist allerdings auch hier Voraussetzung.

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